Alternativen zum PKW-Verkehr

Statt ungeeigneter Fahrradstraße:
Radwege und Radstreifen ausbauen sowie ÖPNV stärken!
Alternativen zum PKW-Verkehr attraktiver machen!
Von einzelnen Interessen- oder Lobbygruppen wird immer mal wieder versucht, den grenzüberschreitenden Straßenzug Karlsplatz (Glienicke/Nordbahn) – Alte Schildower Straße – Landesgrenze – Schildower Straße (bis zum Waldsee in Berlin-Hermsdorf) in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Dieser Straßenzug stellt eine wichtige und unverzichtbare Berlin-Umland-Verbindung für alle Verkehrsarten dar und ist als Fahrradstraße aus vielen Gründen ungeeignet.

1.
Das von Fachleuten (Gesellschaft für Raumplanung, Städtebau und Verkehrstechnik mbH, Berlin) im Jahr 2021 erstellte „Gutachten zur Verkehrsberuhigung der Schildower Straße im Waldseeviertel“ bezeichnet die Umwandlung der Schildower Straße in eine Fahrradstraße mit Zusatzzeichen „Anlieger frei“ aus mehreren Gründen als ungeeignet.

2.
Verkehrszählungen haben ergeben, dass es auf diesem Straßenzug nur eine geringe Radverkehrsstärke gibt (Gutachten Seite 61). Auch diejenigen unserer Unterstützer, die fast täglich durch die Straße mit dem Rad fahren, stellen fest: Selbst im Hochsommer ist die Zahl der
Radfahrenden gering: Auf 100 Meter Strecke kaum mehr als ein, maximal zwei Räder – viel geringer als in der Berliner Innenstadt, wo man über Fahrradstraßen diskutiert. Wenn man die Lage nicht mit der Brille der Ideologie betrachtet, sieht man: Der Radverkehr ist in der Schildower Straße nicht die vorherrschende Verkehrsart; und selbst wenn er, was wir durchaus hoffen, sich erheblich verstärkt, wird sich dies nicht grundlegend ändern.

3.
Die betreffenden Straßen sind Sammel- und Haupterschließungsstraßen und haben dadurch eine wichtige Funktion für das Sammeln und Verteilen des Verkehrs aus und in die davon abgehenden Nebenstraßen. Bei einer Umwandlung in eine Fahrradstraße wären, von der kleinen exklusiven
Gruppe der unmittelbar in der Straße selbst wohnenden Anwohner abgesehen, nur noch Fahrräder erlaubt. Die Funktionen als Sammel- und Erschließungsstraßen könnten nicht mehr erfüllt werden.

4.
Um zu verhindern, dass Anlieger nicht mehr mit dem PKW zu ihren Häusern kommen, müsste durch das Zusatzzeichen „Anlieger frei“ Anliegerverkehr möglich sein. Auch Busverkehr, die Anfahrt von Lieferdiensten, Post, Handwerkern und Dienstleister für die Anwohner sowie Rettungsdienste (Krankenwagen, Feuerwehr, …) wären durch Zusatzzeichen wieder erlaubt. Letztlich würde sich die Situation für Radfahrende kaum verbessern. Verbessern würde sich nur die Möglichkeit für autofahrende Anwohner, zügig und ungestört von ungeliebten Auswärtigen durch die eigene Straße zu fahren. Die Höchstgeschwindigkeit in einer Fahrradstraße beträgt 30 km/h. Der einzige Unterschied zu einer 30er-Zone besteht letztendlich darin, dass in einer Fahrradstraße im Gegensatz zur jetzigen Situation die Radfahrenden nebeneinander fahren können, auch langsam und mitten auf
der Straße zu mehreren nebeneinander. Aber was soll das?! Eine Fahrradstraße würde einer Minderheits-Verkehrsart unberechtigten Vorrang einräumen und zu mehr schon jetzt absehbaren Konflikten und Aggressionen im Straßenverkehr führen. Das Ziel ist doch, den Radverkehr sicherer und attraktiver zu machen. Mit einer Fahrradstraße würde man die Verkehrsteilnehmer nur gegeneinander aufbringen!

5.
Das oberste Ziel bei der Regelung des öffentlichen Verkehrs ist die Verkehrssicherheit (zu § 1 VwV-StVO). Die bisherigen Vorschläge für die Konzipierung von Radrouten in Reinickendorf sind diesbezüglich nicht gründlich durchdacht, veraltet, intransparent und lückenhaft. Beispiel:
a) Eine Radroute wird von der Forststraße kommend durch den Nordtunnel des S-Hermsdorf vorgeschlagen. Dort gibt es Treppen, viele Fußgänger und eine große Bushaltestelle vor der Tür. Die Route ist außerdem für Lastenräder und Fahrräder mit Kinderwagenanhängern unpassierbar. Die Überquerung der stark befahrenen B 96 ist nicht durch Ampeln gesichert.
b) Eine Radroute wird entlang der relativ stark von PKWs genutzten Schildower Straße gelegt, obwohl die parallel dazu verlaufende Bertramstraße viel besser dazu geeignet wäre und der Verkehr auf der
Schildower Straße dadurch entzerrt werden würde. Die Verkehrssicherheit für Radfahrer würde dadurch erhöht.
c) Es gibt sehr unterschiedliche Radfahrer mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Während ältere Radfahrende, Kinder und Familien eher einen „hochbordigen“ zwar schmalen aber doch sicheren Radweg auf dem Bürgersteig vorziehen, sind andere schneller unterwegs und bevorzugen die Straße. Beide Gruppen muss die Verkehrs- und Radwegeplanung im Blick behalten. – Durch die vielen Fahrbahnverengungen auf der Schildower Straße, Alten Schildower Straße, Karlstraße und Elsestraße
werden die Radfahrenden, die die Straße benutzen einer unnötigen Gefahr ausgesetzt. Das oberste Ziel der Verkehrssicherheit wird hier nicht beachtet!
d) Der derzeitige Radweg an der Schildower Straße endet 30 Jahre nach dem Mauerfall noch immer an der Veltheimstraße. Wer weiter nach Glienicke möchte, muss verbotenerweise auf dem Gehweg fahren oder sich durch eine nur ca. 3 m breite Engstelle trauen mit Kfz-Verkehr von hinten und von vorn. Das ist unzumutbar, besonders für ältere Radfahrende, Kinder, Familien aber auch andere. Radfahrende müssen sich hier durch Planungsmängel einer unnötigen Gefahr aussetzen, die tödlich
enden kann. Die Diskussion der Radwegeplanung muss breiter angelegt werden. Sie muss entsprechend § 19 Mobilitätsgesetz die verschiedenen Mobilitätsbedürfnisse, auch innerhalb der Gruppe der Radfahrenden, berücksichtigen und auch alternative Wegstrecken in die Diskussion einbeziehen, z.B. die Nutzung der Bertramstraße als Parallelstraße zur Schildower Straße, die direkte Verbindung vom Waldsee in Hermsdorf ins Zentrum von Glienicke über die Amanda- und Tschaikowsky, die Verbindung nach Frohnau über die Leipziger Straße und den Edelhofdamm, ein Fahrradschnellweg durch Eichwerder, … Kreativität und eine Bürgerbeteiligung, die sich nicht nur auf unmittelbare Anwohner oder Lobbygruppen bezieht, sind gefragt.

6.
Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf der Schildower Straße (und auch Alten Schildower Straße und Karlstraße) sollten die Fahrbahnverengungen entfallen, die Radfahrende ständig in gefährliche Konfliktsituationen mit den Autofahrern bringen. Dafür schlagen wir die Abschaffung der Engstellen und einen Radfahrstreifen auf der rechten Seite der Schildower Straße von Glienicke kommend vor. Ein Radfahrstreifen würde die Verkehrssicherheit der Radfahrenden erhöhen. Der ruhende Verkehr
(Parkplätze) würde verringert, um die Sicherheit des fließenden Verkehrs zu erhöhen. Dies ist im Sinne der Straßenverkehrsordnung.
Dieser Vorschlag wurde bereits in der Entwurfsplanung zur Grundsanierung der Schildower Straße von der Marthastraße zur Landesgrenze aufgenommen. Die Entwurfsplanung wurde beim ersten
Runden Tisch am 24.6.2021 vom BA Reinickendorf vorgestellt und am 31.8.2021 im Detail veröffentlicht. Sinnvoll wäre es, dieses Konzept auch in Glienicke weiterzuführen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie der öffentliche Straßenraum in Zukunft aufgeteilt werden soll.
Bei einer teilweise nur 6 m breiten Fahrbahn können bei einer wichtigen Verkehrsverbindung nicht 2m auf jeder Seite auf öffentlichen Straßen für kostenlos parkende Privatautos reserviert werden. Hier werden mit Steuergeldern in einer nicht armen Gegend Privatparkplätze finanziert. Das öffentliche Straßenland muss im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit hier anders aufgeteilt werden!

7.
Wenn wir den PKW-Verkehr (motorisierter Individualverkehr, MIV) reduzieren wollen, müssen wir attraktivere Alternativen anbieten. Wir fordern die Asphaltierung der Straßen, in denen Radrouten entlangführen.

8.
Wenn wir den PKW-Verkehr reduzieren wollen, erreichen wir das nicht durch Fahrradstraßen dort, wo (siehe oben) keine hingehören. Vielmehrmüssen wir Alternativen anbieten, die das Radfahren für bisherige Autofahrer attraktiver machen.. Wir fordern sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder (Fahrradparkhäuser, Fahrradboxen, …) an den S-Bahnhöfen Hermsdorf und Frohnau.

9.
Wenn wir den PKW-Verkehr reduzieren wollen, müssen wir zudem attraktivere Alternativen beim ÖPNV anbieten. Bei den Busrouten geschieht das am schnellsten. Wir schlagen vor, dass der Hermsdorfer Kiezbus (326) nicht nur parallel zur ehemaligen Mauer in der Veltheimstraße fährt, sondern sich über 30 Jahren nach dem Mauerfall auch mal über die Grenze traut und über die Lessingstraße Hauptstraße, Karlstraße auch das Umland (Glienicke) mit einbezieht.

10.
Wenn wir den PKW-Verkehr reduzieren wollen, müssen wir schließlich attraktivere Alternativen auf den Pendlerstrecken anbieten. Entsprechend dem Vorschlag des interkommunalen Verkehrskonzepts (Linie 2) fordern wir eine neue Buslinie vom S-Bahnhof Hermsdorf über den
Hermsdorfer Damm, die Schildower Straße nach Glienicke, Schönfließ, Bergfelde, Hohen Neuendorf nach Birkenwerder im 20-Minuten-Takt. Dadurch kann der Pendlerverkehr reduziert werden. Wir wollen kein Gegeneinander der Verkehrsarten, sondern ein sicheres Miteinander. Wir suchen einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten aus Berlin und Brandenburg zur Verbesserung der Situation für alle Beteiligten. Der „Runde Tisch Verkehr“ kann dazu ein Mittel und Weg sein.

Berlin-Hermsdorf/Glienicke

Initiative Offene Nachbarschaft www.offene-nachbarschaft.de
PMM


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