„Wir brauchen eigentlich immer alles“

Podiumsdiskussion 3 2014-10-15 Podiumsdiskussion 3 Ein Bericht über die Podiumsdiskussion zur Flüchtlingspolitik
Am 15. Oktober 2014 fand im Wittenauer Restaurant Maestral auf Einladung des Reinickendorfer Abgeordneten Thorsten Karge und der AG Migration in der SPD Reinickendorf eine sehr gut besuchte Podiumsdiskussion zur Situation von Flüchtlingen in Berlin statt. Kompetente Podiumsgäste waren Integrationssenatorin Dilek Kolat, Gesundheitsstadtrat Uwe Brockhausen, Claudia Da Silva (die Leiterin der AWO-Flüchtlingsunterkunft im Reinickendorfer Marie-Schlei-Heim) und Manfred Nowak von der Arbeiterwohlfahrt und der Vorsitzende der AG Migration Dr. Gurban Alakbarov. Der Reinickendorfer SPD-Fraktionsvorsitzende Gilbert Collé moderierte die Runde.

Dilek Kolat war sichtlich erfreut über das große Interesse am Thema Flüchtlinge in Reinickendorf. Dieses Interesse ist überwiegend von Hilfsbereitschaft bestimmt – daran ließen die Beiträge aus dem Publikum keinen Zweifel. Vor einem Jahr noch, als die Flüchtlingsunterkunft im Marie-Schlei-Heim neu war, sah dies ganz anders aus. Damals hatten viele Anwohner Angst vor den neuen Nachbarn. Mittlerweile sind die negativen Stimmen weitgehend verstummt, berichtete Thorsten Karge. Die Sorgen vor Krankheiten, die die Flüchtlinge angeblich einschleppen würden, und einem sozialen Niedergang des gesamten Quartiers, haben sich erwartungsgemäß nicht bewahrheitet. Inzwischen sei das Verhältnis der Nachbarn zum Marie-Schlei-Heim entspannt.

In Anbetracht der weiter steigenden Flüchtlingszahlen spielte die Frage von geeigneten Standorten bei der Unterbringung von Flüchtlingen in der Diskussion eine große Rolle. Die Politik dürfe sich nicht davon leiten lassen, wenn Anwohner, die ihre Wohnidylle in Gefahr sähen, gegen Verfolgte aus anderen Ländern mobil machten. Aber umgekehrt dürfe man auch Anwohner und Flüchtlinge nicht überfordern. Dort, wo schon sehr viele Flüchtlinge wohnen oder Ortsteile schon andere soziale Belastungen haben würden, sollte man eher zurückhaltend sein. „Es darf nicht sein, dass Flüchtlinge innerhalb einer Stadt oder eines Bezirks konzentriert untergebracht werden, damit man in anderen Ortsteilen keine Flüchtlinge aufnehmen muss“, sagte Thorsten Karge. „Das täte weder den Anwohnern noch den Flüchtlingen gut.“

Dass es trotz der zahlreichen Unterstützungsangebote für Flüchtlinge und eines beeindruckenden ehrenamtlichen Engagements vieler Bürgerinnen und Bürger noch an vielen Stellen mangelt, wurde im Laufe des Abends mehrfach deutlich. „Wir brauchen eigentlich immer alles“, sagte Claudia Da Silva. Spenden seien deshalb herzlich willkommen. Im Augenblick würde vor allem Winterkleidung dringend benötigt. Auch auf das aktuelle Geschehen ging da Silva ein. Angesichts des Bekanntwerdens von Misshandlungsfällen durch Sicherheitspersonal in mehreren deutschen Flüchtlingsunterkünften gab sie für ihre Einrichtung Entwarnung: „Die meisten Sicherheitskräfte machen gute Arbeit in einem schwierigen Umfeld. Im Marie-Schlei-Heim jedenfalls ist das Vertrauensverhältnis zwischen Sicherheitskräften und Flüchtlingen durchweg gut.“

Als besonders gravierendes Problem nannte da Silva allerdings die Gesundheitsversorgung. Sie ist für Flüchtlinge nicht ohne weiteres gewährleistet, denn um die Kostenübernahme für ärztliche Behandlungen muss immer wieder in sehr bürokratischer Weise gerungen werden. Berlin sollte deshalb das Bremer Modell übernehmen, bei der Asylbewerber eine Chip-Karte der Krankenkasse bekommen. Dilek Kolat und Thorsten Karge wollen sich dafür einsetzen, dass die Übernahme des Chipkartenmodells für Berlin geprüft wird. Gerade chronisch Kranke und Kinder dürften nicht ohne ausreichende medizinische Versorgung sein.

Thorsten Karge
Preußischer Landtag – SPD-Fraktion – Niederkirchnerstraße – 10111 Berlin-Mitte
Büro: Wittestraße 30E – 13509 Berlin
Telefon: 030-55 174 150

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