Fassadendämmung/PVC-Fenster nicht dulden?

Herr Tilo Trinks  /Pankower Mieterprotest und Herr Kurt Jotter /Büro für ungewöhnliche Maßnahmen informieren wie folgt:
Termin vor dem Landgericht Berlin anlässlich der Berufungsverhandlung des „Pankower Urteils“ mit zahlreichen, von energetischer Sanierung betroffenen Mietern und einer „Mieter-Performance“.

Sehr geehrte Damen und Herren
am Freitag, 18.09. findet am Landgericht Berlin die Berufungsverhandlung des „Pankower Urteils“ vom Februar dieses Jahres statt, das bei Mietern, Mietervereinigungen, Juristen und in Fachzeitschriften bundesweit Beachtung erfuhr.In erster Instanz hat darin die Richterin der auf Duldung verklagten Mietpartei das Recht zugesprochen, Fassadendämmung und PVC-Fenster nicht dulden zu müssen – mit Verweis auf die Unwirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen (§25 Abs. 1 EnEV).

Die Richterin setzt damit auf die Gleichbehandlung von Eigentümern und Mietern, denn Eigentümer können sich nach §25 Abs. 1 EnEV von für sie unwirtschaftlichen energetischen Sanierungsmaßnahmen befreien, während Mieter JEDE energetische Sanierungsmaßnahme zu dulden und zu bezahlen haben – spare sie auch nur eine Kilowattstunde im Jahr.

Weitere Informationen zum „Pankower Urteil“ hier (und im Anhang „Baukammer-Berlin-2015-02.pdf“):
http://pankowermieterprotest.jimdo.com/2015/02/23/urteil-des-amtsgerichts-pankow-wei%C3%9Fensee-fassadend%C3%A4mmung-ist-unwirtschaftlich/

Die Klägerin, die kommunale GESOBAU AG, ist gegen dieses Urteil in Berufung gegangen. Richterin Regine Paschke, die nebenberuflich weiterhin für den Eigentümer-Verlag „Haus und Grund“ schreibt, wird in der Berufungsverhandlung am 18.09. wohl weit über ihren eigenen Schatten springen müssen, um ein wirklich gerechtes und damit von der geltenden Rechtsprechung abweichendes Urteil zu fällen.

Für uns Mieter ist der Ausgang dieser Verhandlung sehr wichtig. Einige Richter und Anwälte haben in Erwartung dieser Verhandlung eigene Verhandlungstermine verschoben. Wir sind optimistisch, dass hier eine Trendwende entstehen kann, weil die hier herrschende Gesetzeslage ein extremes Ungleichgewicht zu Lasten der Mieter darstellt und sogar verfassungsrechtliche Mängel aufweist, so dass sie dringend einer Überprüfung – auch an höchster Instanz – unterzogen werden muss (siehe PS unten: Beschluss des BVG von 1993).
Die geltende Gesetzeslage ist letztlich die Ursache für überteuerte energetische Sanierungen, exorbitante Mieterhöhungen nach Sanierung, die Verunstaltung von Häusern, für Verdrängung und für zahlreiche Mieterschicksale.

Deshalb wollen wir betroffenen und aufgeklärten Berliner Mieter, die von diesen äußerst fragwürdigen energetischen Sanierungsmaßnahmen betroffen sind, am 18.09. vor dem Gerichtsgebäude mit einer deutlich sichtbaren Aktion ein starkes Zeichen setzen. Zusammen mit dem Berliner Aktionskünstler Kurt Jotter vom „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ zeigen wir in Dämmplatten gezwungene Mieter, die – Gefangenen gleich – ein aussagekräftiges Bild erzeugen werden. Vor einigen Wochen waren bereits Bundestag und Bundesjustizminister Heiko Maas Teil einer solchen Aktion, siehe:
http://www.gleditschstrasse.de/mieter-demo-modernisierung/

Vor Ort können Sie mit zahlreichen betroffenen und Leid erprobten Mietern ins Gespräch kommen, die über ihre oft verzweifelte Situation und den Sinn -und Unsinn energetischer Sanierungen aus Mietersicht berichten können.

Nach dem Pressetermin vor dem Gerichtsgebäude gehen wir hoch in den Gerichtssaal und verfolgen die um 10:45 Uhr beginnende Verhandlung.

Wir freuen uns über zahlreiches Erscheinen und Ihr reges Interesse an diesem zunehmend wichtiger werdenden Thema, das immer stärker im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Mieter (die, die das alles bezahlen sollen) diskutiert werden wird.

Weitere Hintergrundinformationen entnehmen Sie bitte dem Offenen Brief an den Bundestag (anhängend) anlässlich der „Mieter-Aktion vor dem Bundestag“ am 30.06.2015.

Mit freundlichen Grüßen  – Tilo Trinks  /Pankower Mieterprotest – Kurt Jotter /Büro für ungewöhnliche Maßnahmen

PS: Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.05.1993 (NJW 1993, 2035) genießt das Besitzrecht des Mieters nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den grundrechtlichen Schutz des Art. 14 GG. :
Das Besitzrecht des Mieters erfüllt […] Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen. Dieser Bedeutung der Wohnung hat der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung des Besitzrechts Rechnung getragen. Es stellt eine privatrechtliche Rechtsposition dar, die dem Mieter wie Sacheigentum zugeordnet ist.
[…]
Der Gesetzgeber muß die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Ein Eigentumsschutz des Mieters für sein Besitzrecht dient dabei der Abwehr solcher Regelungen, die das Bestandsinteresse des Mieters gänzlich mißachten oder unverhältnismäßig beschränken.
[…]
Die Fachgerichte […] müssen die im Gesetz aufgrund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet. […] Der Eigentumsschutz des Mieters steht also gerichtlichen Entscheidungen entgegen, die Bedeutung und Tragweite von Art. 14 I 1 GG für das Besitzrecht verkennen.

PM 20150916
Fr., 18.09. um 10:15 Uhr – Littenstraße 12 – 17, 10179 Berlin-Mitte (nahe Alexanderplatz)
Karte: https://goo.gl/3OqyH1
Die Verhandlung findet statt: 10:45 Uhr – 3. Stock – Raum 3123 – Zivilkammer 63
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